Von Matthias Gröbel

Im Rahmen der Recherchen zur Geschichte des AKG anlässlich der 325-Jahr-Feier im Jahr 2011 wurde auch die Geschichte der jüdischen Schüler unserer Schule neu untersucht, nachdem dies schon einmal im Schuljahr 1988/89 geschehen war. Damals hatte sich eine Schülergruppe unter der Leitung von Paul Schnitzer mit dem Beitrag Fremd an der eigenen Schule? Jüdische Schicksale am Alten Kurfürstlichen Gymnasium, Bensheim am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten beteiligt.

Diese Schülergruppe betrachtete allerdings nur die Jahre nach dem Ersten Weltkrieg und stellte dabei fest, dass kein jüdischer Schüler aus dieser Zeit vom NS-Regime getötet wurde. Der Blick zurück in die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg kam zu einem anderen Ergebnis.

An dieser Stelle sollen allerdings nicht nur die Namen der Opfer genannt werden; vielmehr geht es auch darum, diese Personen in die Geschichte der Juden in Bensheim und Umgebung einzuordnen. Deswegen zunächst ein kurzer Rückblick.

Die Bensheimer Region im Mittelalter

Die Anwesenheit von Juden in Mainz und Worms – zu beiden Städten besitzt Bensheim ein ganz besonderes Verhältnis – ist seit ungefähr 950 n. Chr. belegt. In den ersten Jahrhunderten ihrer Anwesenheit dort besaßen sie, trotz Phasen heftiger Verfolgung während der Kreuzzüge, ein überwiegend großes Ansehen. Die Juden erhielten eine eigene Gerichtsbarkeit, hatten allerdings nicht das Recht, sich „mit Waffen zu verteidigen“. Sie besaßen kaiserliche Schutzbriefe, die der Kaiser auch an Landes- und Stadtherren verkaufte. Nicht zuletzt wegen der damit verbundenen Einnahmen waren Kaiser, Landes- und Stadtherren durchaus an der Niederlassung von Juden interessiert. Bauern, Handwerker und Kaufleute dagegen hatten zu den Juden in der Regel ein anderes Verhältnis: Sie waren entweder ungeliebte Konkurrenz oder aber Geschäftspartner, indem sie an Juden verkauften oder von ihnen einkauften.

Die Anwesenheit von Juden in der Stadt Bensheim ist seit etwa „1323 belegt“. Als die Pest im Jahre 1348 ausbrach, waren seitdem gerade einmal 25 Jahre vergangen. Das veränderte die Verhältnisse grundlegend. Den Juden wurde nämlich die Schuld an dieser Seuche gegeben. Man warf ihnen vor, sie hätten die Brunnen vergiftet. Auch in Bensheim wurden aus diesem Grund damals Juden verbrannt.

Es folgte eine wechselvolle Geschichte von Vertreibung und Wiederansiedlung. Zwar gab es schon vor 1461 in Bensheim eine erste Synagoge, dennoch findet man für die nächsten gut 100 Jahr nur sehr spärliche Hinweise auf die Anwesenheit von Juden in unserer Stadt. Dagegen nahm ihre Niederlassung im 17. Jahrhundert wieder zu; das gilt auch für die benachbarten Ortschaften. 1616 wurde deshalb der jüdische Friedhof in Alsbach gegründet. Bis nach 1945 hatte der den Charakter eines Verbandsfriedhofs für die Juden dieser Region.

Die frühe Neuzeit

Die Zeit zwischen etwa 1600 und 1800 ist geprägt durch die sogenannte „Landesjudenschaft“. Der Mainzer Kurfürst, zu dessen Territorium Bensheim nach dem Dreißigjährigen Krieg wieder gehörte, duldete nun eine Niederlassung von jüdischen Familien in seinem Territorium. Allerdings durfte sich in den verschiedenen Städten und Orten nur eine sehr geringe Anzahl von jüdischen Familien niederlassen. In Bensheim lebten deshalb in jener Zeit nur etwa vier Familien. Darüber verhandelten die Kurmainzer Behörden mit der „Landesjudenschaft“. Sie war auch „der Ansprechpartner für die geforderten Abgaben“.

Das 19. Jahrhundert

Die Lage der Juden in Bensheim – und darüber hinaus – veränderte sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts erheblich, nicht zuletzt weil Bensheim nach 1803 zu Hessen-Darmstadt gehörte. Der Landgraf bzw. Großherzog versuchte damals – unter französischem Einfluss – eine aufgeklärte, modernisierende Politik durchzusetzen. Juden sollten nicht nur rechtlich gleichgestellt werden, sondern auch die Möglichkeit erhalten, Handwerker und Bauern zu werden. Die Regierung in Darmstadt wollte aus den Juden nützliche Bürger ihres Staates machen.

Vor diesem Hintergrund wurde in Hessen-Darmstadt 1805 der „Leibzoll für die einheimischen Juden ab[geschafft]“, und „1809 verfügte [der Staat] die Annahme fester Familiennamen“ . In Bensheim heißen die jüdische Familien nun: Arche, Bacharach, Baer, Bredheimer, Caschland, Götz, Hirsch, Laudenheimer, Levi, Mainzer, Marx, Meyer, Neugaß, Simon, Stern und Wachenheimer.

Zwar erhielten die Männer dieser Familien nun nicht automatisch das Bürgerrecht, aber sie konnten ab 1821 „auf individueller Basis […] ein Bürgerrecht erwerben“ , unter der Voraussetzung, „dass sie ein Vermögen von viertausend Gulden hatten, entweder Handel im Großen oder Ackerbau trieben, Deutsch lesen und schreiben sowie rechnen konnten“

Das zweite Haus von rechts: Die „Alte Synagoge“ in der Hintergasse 14. Es diente nach dem Bau der „Neuen Synagoge“ als jüdisches Gemeindehaus. Nach 1941 wurden hier die noch in Bensheim lebenden Juden zwangsweise untergebracht, später von hier aus deportiert. (Foto: Stadtarchiv Bensheim)

Gegen diese aufgeklärten Absichten der hessischen Regierung gab es sowohl unter den christlichen Bürgern vor Ort auch unter den Juden erhebliche Vorbehalte, so dass sie in Bensheim nur allmählich und gegen den Widerstand der „Stadträte“  durchgesetzt werden konnten. Den traditionell orthodoxen Landjuden missfiel zum Beispiel, dass ihre Kinder nun der Schulpflicht unterlagen und christliche Schulen – in Bensheim zunächst die Stadtschule – besuchen sollten. Gleichzeitig wurden auf dem Bensheimer Seminar die ersten jüdischen Volksschullehrer ausgebildet. Denn auch dort, wo – wie „zwischen 1843 und 1874 in Auerbach“ – die jüdische Gemeinde eine eigene Schule besaß, galten nun vom Staat festgelegte Qualifikationskriterien. Während in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die jüdischen Religionslehrer Bensheims ihre Ausbildung noch beim Rabbiner in der Art einer „Meisterlehre“ erhielten, mussten sich die angehenden jüdischen Religionslehrer „nach 1823 einer staatlichen Prüfung“ unterziehen, wobei „nur ein Mitglied der Prüfungskommission […] jüdisch sein [durfte].“

Wenn in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch kein Jude auf dem Bensheimer Gymnasium nachweisbar ist, so liegt das auch daran, dass zunächst die mentale und inhaltliche Basis für diesen Schulbesuch gelegt werden musste. Erst allmählich veränderte das aufgeklärte staatliche Schulprogramm das spezifisch jüdische Bildungsprogramm, das bisher durch die jüdischen Lehrer ganz im Sinne der jüdischen Religionsvorschriften durchgeführt wurde. Insofern dauerte es einige Jahrzehnte, bis die ersten jüdischen Schüler das Gymnasium besuchten.

Die erhaltenen Klassenbücher machen deutlich, dass spätestens ab 1858 jüdische Schüler auf unsere Schule gingen. Diese ersten jüdischen Schüler waren: Emil Brettheimer, geboren am 22. Juli 1848, und Lazarus Neugaß, geboren, am 6. September 1848. Ihre Namen zeigen, dass sie zu den Familien gehörten, die in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts in Bensheim bürgerliche Nachnamen erhalten hatten.

Außerdem finden wir in den Klassenbüchern des Gymnasiums mit den Namen Bacharach, Hirsch, Mainzer, Marx und Stern weitere Verbindungen zu Familien, die schon seit längerer Zeit in Bensheim oder der näheren Umgebung lebten. Wir lesen darüber hinaus die Namen Laufer, Bendheim, Thalheimer, Guthorn, Adler, Reiling, Oppenheimer, Rothschild, Wolf, Haas, Sternheim, End, Bendlein, Kornfeld, Mayer, Samuel, Blumenfeld und Knoller – Namen, die um das Jahr 1900 in dieser Stadt allgemein bekannt waren.

Die Herkunft der jüdischen Schüler des Bensheimer Gymnasiums

Aber nur ein Teil der jüdischen Schüler des Gymnasiums kam aus Bensheim selbst. Wie ihre christlichen Mitschüler kamen die jüdischen Gymnasiasten auch aus den umliegenden Ortschaften – aus Seeheim, Nordheim oder Reichenbach beispielsweise – oder sogar aus weiter weg liegenden Städten. Einige Schüler kamen aus Frankfurt, Heidelberg, Mainz, Metz, Hannover, Berlin, sogar aus Białystok und Wolkowitz bei Grodno.

Der Anteil der jüdischen Schüler an der Gesamtzahl der Schüler des Gymnasiums überstieg den Anteil der Juden an der Bensheimer Bevölkerung – er lag im 19. Jahrhundert immer unter 2% – um das Drei- bis Vierfache. Dieser in Bensheim festzustellende Sachverhalt war keineswegs außergewöhnlich; er entsprach dem allgemeinen Trend: Die Bildungsbeflissenheit der Juden übertraf reichsweit die der christlichen Mehrheitsbevölkerung.

Die Entstehung des modernen Antisemitismus

Der Erfolg der Juden in ihrem Bildungsbemühen einerseits und in ihrer geschäftlichen Tätigkeit andererseits trug zur Entstehung des modernen Antisemitismus bei. Der Neid war, wie wir bei Götz Aly lesen können, einer seiner größten Triebfedern. Der Begriff des Antisemitismus lässt sich erstmals in Deutschland in den 1870er Jahren nachweisen.

Allmählich braute sich etwas zusammen, was selbstverständlich die Zeitgenossen – Juden wie Christen – in seiner Gefährlichkeit noch nicht wirklich erkennen konnten und was auch nicht notwendig zu dem führen musste, was nach 1933 geschah. Die sich herausbildende Leistungsgesellschaft mit ihren vielfältigen Konkurrenzsituationen, der auf der Basis einer angeblich wissenschaftlichen Anthropologie formulierte Rassenbegriff und seine sozialdarwinistische Weiterentwicklung, die Militarisierung des Alltags, der übersteigerte Nationalismus, die Überbewertung der Nützlichkeit und Verwertbarkeit sowie der traditionelle religiöse Antijudaismus bildeten ein Gemisch mit Langzeitwirkung.

Die Lage in Bensheim

In Bensheim gab es in Hinblick auf den Antisemitismus eine ganz besondere Situation. Sie wird an den Schülerzahlen von 1878/79 deutlich: In diesem Jahr überstieg der Anteil der protestantischen Schüler am Gymnasium erstmals den der katholischen Schüler. Juden und Protestanten bildeten nun am katholischen Gymnasium eine solide Mehrheit. Das Gefühl der Bensheimer Katholiken, in der eigenen Stadt zu einer Minderheit geworden zu sein, führte zu harten und mit scharfen Worten geführten Auseinandersetzungen, in denen sich antisemitische Vorurteile mit antiprotestantischen Kulturkampfparolen verbanden. Von katholischer Seite wurde unter anderem „gegen die Blutsauger des Volkes“ polemisiert, also mit einer inzwischen üblichen antijüdischen Formel, die hier auch auf die Protestanten bezogen wurde. Im Mittelpunkt stand die 1872 hauptsächlich von Protestanten betriebene Gründung einer Höheren Töchterschule – des heutigen Goethe-Gymnasiums.

Die Judenfeindlichkeit der Protestanten blieb davon unberührt. Die – vor allem bei Protestanten erfolgreiche – antisemitische Böckel-Bewegung feierte am Anfang der 1890er Jahre auch im katholischen Bensheim große Erfolge. Bei den Reichstagswahlen 1893 – ein Jahr nach der Einweihung der neuen Synagoge – wählten die Bensheimer mit deutlicher Mehrheit „den antisemitischen Reichstagskandidaten Hirschel“. Die staatlichen Behörden dagegen waren in jener Zeit eher um den Schutz der Juden und die Abwehr der antisemitischen Bestrebungen bemüht. Als sich Anfang der 1890er Jahre ein jüdischer Schüler des Gymnasiums weigerte, am Samstag – also am Sabbat – zu schreiben, gab die Schulbehörde dem Gymnasium den Rat, damit pragmatisch umzugehen und nach Möglichkeit in dieser Klasse samstags keine Arbeiten schreiben zu lassen.

Bensheims „Neue Synagoge“ wurde 1892 eingeweiht. In jener Zeit erlebte Deutschland eine Welle des nun schon rassisch begründeten Antisemitismus. Die gerade in Hessen besonders starke „Böckel-Bewegung“ zog in den Berliner Reichstag ein. (Foto: Stadtarchiv Bensheim)

Die Weimarer Republik

Eine neue Welle des Antisemitismus erreichte Bensheim nach dem Ende des 1. Weltkrieges. Auch hier zeigte die Dolchstoßlegende nun ihre Wirkung. Wie auf Reichsebene Walter Rathenau stand in Bensheim mit Sigmund Guthorn eine Jude im Mittelpunkt des Protestes. Guthorn „hatte seit 1915 im Auftrag der Stadt die Nahrungsmittelversorgung für die Bevölkerung als erfahrener Landesproduktenhändler organsiert.“ Ihm wurde unterstellt, die Niederlage im Krieg und die desaströse Nachkriegssituation mit verursacht zu haben. „Die Atmosphäre in Bensheim war 1918/19 so antijüdisch aufgeheizt“,  schreibt Uri Kaufmann, „dass die Bensheimer Juden durch den Abgeordneten Zegewitz am 22. Dezember 1919 um den Schutz der Stadt nachsuchten.“

Auch das Gymnasium konnte sich in jener Zeit nicht mit den zur Demokratie hin veränderten politischen Verhältnissen anfreunden. Der Schulleiter – Joseph Diehl – sprach im März 1921 anlässlich der Ehrung der Weltkriegsgefallenen voller Wehmut von „den sonnigen ersten Augusttagen des Jahres 1914“ und„stellte der Finsternis, die uns jetzt umgibt, […] das vor 50 Jahren mit Blut und Eisen geschmiedete deutsche Kaiserreich gegenüber.“ Die Schüler forderte er auf, von den Weltkriegsgefallenen „Treue gegen das Vaterland bis zum Tode“ und „sittliche Größe“ zu lernen. Am Gymnasium dominierte dieser republikfeindliche Geist bis zum Jahr 1933, als er dann zur offiziellen Doktrin werden konnte.

Tatsächlich aber feierten die Nationalsozialisten in Bensheim schon vor 1933 einige Erfolge: „1929 erhielten die Nazis zwei Sitze im 24köpfigen Stadtrat, bei der Reichstagswahl 1930 errangen sie in Bensheim über 25% der Stimmen und waren somit stärker als im hessischen Landesdurchschnitt.“

Erstaunlicher Weise findet sich in den Erinnerungen ehemaliger jüdischer Schüler des AKG, die 1988/89 von der schon erwähnten Schülergruppe unter Leitung von Paul Schnitzer gesammelt wurden, nur wenige Hinweise auf diese Atmosphäre. Zwar ist zu erkennen, dass diesen jüdischen Schülern in den 1920er Jahren der „vulgaere Antisemitsmus“ hart zugesetzt hatte. Da ist die Rede davon, „dass man auf der Strasse von ‚Gassenbuben‘ mit ordinaeren Verschen angepoebelt und auch manchmal verpruegelt wurde.“ Aber, und das ist die allgemeine Auffassung der befragten ehemaligen Schüler, im Gegensatz dazu sei„so etwas […] auch nicht einmal im Gymnasium vorgekommen.“ Auch dort habe es „Antisemitismus“ gegeben, aber von anderer Art: „Der Antisemitismus unter den Schuelern dort war verschieden: Im Sinne, dass man jeden Kontakt auf ein Minimum beschraenkte und nicht mit juedischen Mitschuelern gesellschaftlich verkehrte.“ (William M. Marx, Brief vom 3. Dezember 1988)

Ähnlich differenziert sollen sich die Lehrer verhalten haben. Zwar hätten sie „ohne Zweifel“ überwiegend zu rechten Parteien „aller Schattierungen“  tendiert, „[a]ber“, so wiederum William M. Marx,„ich wuerde luegen, wenn ich in meinem persoenlichen Kontakt mit diesen und allen uebrigen Lehrern und auch im allgemeinen Klassenunterricht je eine Spur von Antisemitismus entdeckt haette.“(William M. Marx, Brief vom 3. Dezember 1988)

Nach 1945 wurden trotzdem 11 von – 1936 – 27 Kollegen wegen ihrer Verbindungen mit NS-Organisationen und ihrem Verhalten in jener Zeit aus dem Schuldienst entlassen.

Die im Zusammenhang mit den Deportationen umgekommenen jüdischen Schüler

Als Adolf Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt und gewählt wurde, besuchten noch zehn jüdische Schüler das Gymnasium. Einer von ihnen bestand zu Ostern 1933 die Abiturprüfung. Die anderen neun verließen die Schule bis Mai 1936, vier zu völlig unterschiedlichen Terminen im Jahr 1934, drei ebenfalls zu unterschiedlichen Terminen im Jahr 1935, und die beiden letzten Schüler, Ernst Strauß und Kurt David, am 27. März 1936, also am Ende des Schuljahr 1935/36. Sie alle überlebten die Shoah, weil sie früh genug ihre Heimat verließen.

Von den NS-Behörden deportiert wurden – und das war eine eigentlich nicht überraschende, dennoch schockierende Erkenntnis bei der Recherche – ausschließlich Mitglieder der älteren Jahrgänge unserer ehemaligen jüdischen Schüler.

Der älteste von ihnen ist der 1863 in Offenbach geborene Robert Bruck. Er besuchte das Bensheimer Gymnasium zwischen 1878 und 1882 und lebte vor der Deportation in Dresden. Als er sich 1942 vor dem Hintergrund der anstehenden Deportation selbst tötete, war er 79 Jahre alt.

Leopold Laufer aus Nordheim besuchte das Gymnasium zwischen 1875 und 1880. Er lebte vor seiner Deportation in Worms. Als er im März 1943 im KZ Theresienstadt starb, war er 78 Jahre alt.

Ludwig Guthorn aus Schwanheim, er besuchte das Gymnasium 1880 bis 1882, wurde schon im August 1933 für einige Wochen im KZ Osthofen „wegen ungeheurer Verhöhnung des deutschen Grußes“ interniert, weil ein Passant ihn denunziert hatte: Er habe in der Öffentlichkeit „Heil Quetschenkuchen“ gerufen. 1942 wurde er von Darmstadt aus mit 73 Jahren nach Theresienstadt deportiert, wo er kurz nach seiner Ankunft starb.

Moritz Bamberger aus Seeheim besuchte das Gymnasium von 1880 bis 1884. Er lebte vor seiner Deportation in Würzburg. Als er kurz nach seiner Ankunft am 14. Oktober in Theresienstadt starb, war er 73 Jahre alt.

Gustav Wolf aus Bickenbach besuchte das Gymnasium von 1883 bis 1885. Ihm gelang zunächst die Emigration in die Niederlande. Dort wurde er nach 1940 festgenommen und im Durchgangslager Westerbork bei Groningen interniert. Von dort wurde er 1942 mit 69 Jahren nach Auschwitz deportiert, wo er vermutlich am 27. November 1942 starb.

Abraham Bendheim aus Bensheim besuchte das Gymnasium im Schuljahr 1887/88. Er lebte in Billigheim bei Mosbach, als er im Oktober 1940 zunächst in das Internierungslager Gurs in den Pyrenäen und von dort in das Internierungslager Rivesaltes in der Nähe von Perpignan deportiert wurde. Dort starb er im Juli 1941 im Alter von 64 Jahren.

Jakob Jaffa aus Bensheim, auch er besuchte das Gymnasium nur kurze Zeit im Jahre 1888. Vor seiner Deportation lebte er in Berlin. Jakob Jaffa starb am Tag nach seinem 65. Geburtstag, am 3. März 1943, in Auschwitz.

Zacharias Bendheim, der jüngere Bruder von Abraham Bendheim, besuchte das Gymnasium nur für einige Monate im Jahr 1888. Vor seiner Deportation lebte er in Mannheim. Er starb 1943 mit 64 Jahren in Auschwitz.

Salomon David, genannt Sally, besuchte das Gymnasium von 1890 bis 1895. Er lebte in Zwingenberg, als die Deportationen beschlossen wurden. Sally David nahm sich am 19. Juli 1942 mit 61 Jahren in Darmstadt das Leben.

Hugo Hahn aus Auerbach besuchte das Gymnasium zwischen 1894 und 1897. Er lebte vor der Deportation in Frankfurt. Von dort wurde er am 11./12. November 1941 mit 57 Jahren in das Ghetto Minsk deportiert, wo er dann auch starb.

Max Mordechai Jaffé aus Lorsch besuchte das Gymnasium im Schuljahr 1895/96. Er lebte in Leipzig. Max Jaffé wurde erstmals im August und September 1935 an einem unbekannten Ort interniert. Nach der Reichspogromnacht im November 1938 wurde er erneut für einige Wochen, diesmal im KZ Buchenwald interniert. Er war 56 Jahre alt, als er am 13. Juli 1942 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert wurde.

Arthur Mayer aus Seeheim besuchte das Gymnasium von 1898 bis zu seiner Abiturprüfung 1907. Am 6. April 1934 emigrierte er nach Frankreich. 1943 wurde er zusammen mit seiner Frau „bei Lyon verhaftet“ und später im Sammellager Drancy in der Nähe von Paris interniert. Von dort wurde er am 7. Oktober 1943 nach Auschwitz deportiert und anschließend in einem Außenlager interniert. Arthur Mayer starb – vermutlich – am 28. Februar 1945 nach der Befreiung des Lagers an einer akuten Tuberkulose-Infektion.

Alex Lewin aus dem württembergischen Adelsheim besuchte das Gymnasium von 1900 bis 1905. Danach lebte er in Hoppstädten und Idar-Oberstein. Schon 1933 wurde er für einige Zeit im KZ Dachau interniert. Nach der Reichspogromnacht erfolgte vom 15. November bis zum 9. Dezember 1938 eine zweite Internierung im KZ Dachau. 1939 emigrierte er nach Frankreich, wo er später festgenommen wurde. Alex Lewin war 54 Jahre alt, als er 1942 nach Auschwitz deportiert wurde, wo er auch starb.

Hermann Oppenheimer aus Bensheim besuchte das Gymnasium von 1899 bis 1905. Er lebte vor seiner Deportation in Frankfurt. Von dort wurde er am 11./12. November 1941 mit 52 Jahren in das Ghetto Minsk deportiert.

Gustav Abraham aus Lorsch besuchte das Gymnasium von 1901 bis 1907. Ihm gelang zunächst die Emigration nach Monaco. Dort wurde er dann 1942 festgenommen und im Sammellager Drancy in der Nähe von Paris interniert. Von dort wurde er am 16. September 1942 mit knapp 52 Jahren zusammen mit französischen Juden ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert.

In diesem Deportationszug vom 16. September 1942 befand sich auch Siegmund Abraham aus Lorsch, der jüngere Bruder von Gustav Abraham. Er besuchte das Gymnasium von 1902 bis 1907. Er wurde, wie schon Max Jaffé aus Lorsch, nach der Reichspogromnacht im November 1938 interniert, allerdings im KZ Dachau. Im Januar 1939 emigrierte Siegmund Abraham nach Frankreich. Dort wurde er wie sein Bruder 1942 festgenommen und im Sammellager Drancy interniert. Er war knapp 50 Jahre alt, als er im September 1942 im Vernichtungslager Auschwitz eintraf.

Am 10. November 1938 wurde nicht nur die Bensheimer Synagoge zerstört, auch Wohnungen jüdischer Bürger wurden demoliert und geplündert, die anwesenden jüdischen Frauen, Kinder und Alten misshandelt – alles vor zahlreichen Zuschauern. (Foto: Stadtarchiv Bensheim)