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Chöre und Orchester präsentierten facettenreiches Programm in der vollen Mensa

 

 

Das ist mal ein Wort: Wer am Abend auf der Bühne stand, hatte am Freitag die beiden ersten Stunden frei. Zumindest alle unter 20 Jahren, wie Schulleiterin Nicola Wölbern vielsagend hinzufügte. Musizierende Lehrer, Chorleiter und logistisch eingebundene Fachbereichskollegen mussten so früh raus wie immer. Das restliche Ensemble wusste die künstlerisch bedingte Verspätung schon kurz nach dem Ausklingen der letzten Takte zu schätzen, wie man beim langen Schlussapplaus unschwer erkennen konnte.

 

Nach dem Sommerkonzert ist nun auch das musikalische Jahresfinale am Alten Kurfürstlichen Gymnasium zurückgekehrt. Doch im Gegensatz zu dem Termin im Juni fand das Weihnachtskonzert am Donnerstagabend nun wieder vor der gewohnten Kulisse statt: Die Mensa war randvoll besetzt. Für die Schule das endgültige Ende der kulturellen Durststrecke – für die Schüler eine schöne Gelegenheit, ihr facettenreiches Können wieder einmal vor großem Publikum zu präsentieren. Zwar musste der Jugendchor auf knapp die Hälfte seiner Stimmen verzichten, doch dieser spontane Corona-Ausfall konnte den hervorragenden Gesamteindruck des Konzerts nicht schmälern.

 

Durchweg hohes Niveau

Die Zuhörer erlebten ein durchweg hohes musikalisches Niveau sowohl von den Akteuren aus den fünften und sechsten Klassen bis hinauf in die Oberstufe. Mit Unterstützung des Fördervereins hatte der Fachbereich Musik einmal mehr eine kurzweilige Dramaturgie zusammengestellt. Der erste Teil gehörte den Schülern bis zur Jahrgangsstufe acht.

 

Nach der Pause, in der im hinteren Bereich der Mensa Sekt, Saft und Süßes serviert wurden, inszenierten die älteren Schüler aus Orchester, Jugendchor und Big Band eine weihnachtlich geprägte Auswahl ihres breiten Repertoires. Die Moderation übernahmen diesmal Rebanna Klawitter und Fabian Rentzsch aus der Jahrgangsstufe 11. Keine distanzierten Ansager, sondern aktive Instrumentalisten in der Big Band unter der Leitung von Nicolai Benner, für die wie so häufig das große Finale des Abends reserviert war.

Das Ensemble offenbarte bei aller gebotenen Dynamik und Energie viel Transparenz und innere Ordnung, die technische Klasse der einzelnen Musiker kam ebenso fein zum Ausdruck wie die beachtliche Harmonie im Zusammenspiel. Benner, der die Big Band erst 2021 übernommen hatte, servierte ein flüssig arrangiertes Weihnachts-Medley, darunter einer der vielen Jazz-Soundtracks, die Vince Guaraldi für die TV-Serie „Peanuts“ komponiert hat. Die Weihnachts-Stücke sind besonders gelungen.

 

Eröffnet wurde der frühe Abend mit einem Kirchenlied aus dem 16. Jahrhundert: „Lobt Gott, ihr Christen alle gleich“ ist eine geistliche Melodie, die vor allem im Barock musikalisch bearbeitet wurde und die vom AKG-Vororchester unter der Leitung von Bettina Chappuzeau-Schmidtke gemeinsam mit dem Publikum angestimmt wurde – eine atmosphärische Ouvertüre, die sehr schön in die Vorweihnachtszeit gepasst hat.

Das „Te Deum“ von Marc-Antoine Charpentier in D-Dur ist das bekannteste Werk des französischen Komponisten. Das Orchester spielte das Prélude aus dieser ganz speziellen Sonderform der Motette, dessen Bekanntheit vor allem daher rührt, dass die ersten Takte des Präludiums als Erkennungsmelodie der Eurovision verwendet werden.

 

Auch der Chor der 6. Klassen von Sabine Wulf hat drei musikalische weihnachtliche Kerzen entzündet: unter anderen den Spiritual „This Little Light Of Mine“, der – wie viele Auftritte des Abends – von Manfred Hein am Klavier begleitet wurde. Ein starkes und viel beklatschtes Solo hatte im Anschluss der junge Pianist Jonathan Kaluza.

Der Fünftklässler brillierte mit dem ersten Satz („Spirituoso“) aus Muzio Clementis Sonatina op. 36., die aus unterschiedlich schwierigen Sonatinen besteht und daher gern im Klavierunterricht gespielt wird. Jonathan Kaluza hatte wiederholt beim Regionalwettbewerb „Jugend musiziert” in Darmstadt für Auszeichnungen und Aufmerksamkeit gesorgt. Der Schüler hat seit über vier Jahren Unterricht und mit seinem souveränen, perlenden Spiel auch das Bensheimer Publikum begeistert.

Mit geistlichen Kompositionen hatten die Basischöre aus Stimmen der 5. bis 8. Klassen erneut eine festliche Stimmung in die Mensa gezaubert. Nach der Pause präsentierte das Orchester unter der Leitung von Bernhard König und Gundolf Aisenpreis Werke aus dem Barock und Spätbarock von Händel bis Carl Stamitz, bei dessen Klarinettenkonzert (2. Satz) Holger Mehling ein feines Solo spielte. An der Violine überzeugte Selina Macholdt bei Vivaldis Opus 3. „L’Estro Armonico“ („Die harmonische Eingebung“) ist der Titel eines Zyklus von zwölf Konzerten, das dritte ist für Violinensolo komponiert. Das Orchester intonierte das Allegro in schwungvoll-barocker Attitüde und elegantem Ausdruck.

 

Malerische Klangschönheit

Das Allegro wird auch in der französischen Tragikomödie „Ziemlich beste Freunde“ verwendet, was in der Mensa einen thematisch gelungenen Übergang zu John Williams’ „Harry Potter“-Filmmusik bot. Amüsantes Detail am Rande: Das Medley wurde mit einem „Zauberstab“ dirigiert. Zauberhaft schön war auch der Standard „Autumn Leaves“ vom Jugendchor mit softem Saxophon von Fabian Rentzsch.

Und mit dem israelischen Lied „Bo Yavo Haboker“ („A White Rainbow“) von Josef Hadar hat das Ensemble einen der Höhepunkte des Konzerts inszeniert: melodisch reizvoll, voller Gefühl und von einer beinahe malerischen Klangschönheit, die vom Publikum mit lautem Beifall kommentiert wurde – an einer kleinen Zugabe und einem singenden Abgang führte kein Weg vorbei. Erst im November hatte der Jugendchor in der Kirche Heilig Kreuz seinen ersten öffentlichen Auftritt nach drei Jahren absolviert.

 

Nicola Wölbern dankte allen Akteuren auf und hinter der Bühne. Inklusive der Technik AG, die sich um Licht und Ton gekümmert hat. Eine gelungene Rückkehr des Weihnachtskonzerts am AKG mit musikalischem Reichtum, glänzenden Ensembleleistungen und feinen solistischen Miniaturen.

 

Thomas Tritsch

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