Christoph Moufang (1817-1890): Ein Kämpfer gegen Liberalismus, Nationalismus und „Indifferentismus“
So lautet eine Kapitelüberschrift in der einzigen bisher erschienen Biographie Christoph Moufangs. Was unter Liberalismus und Nationalismus zu verstehen ist, wissen vielleicht die meisten von uns. Aber was verbirgt sich hinter „Indifferentismus“?
Nun, darunter wurde zur Zeit Moufangs die Auffassung verstanden, dass Religionen und Weltanschauungen gleichwertig sein können. Wer wie Moufang gegen den „Indifferentismus“ kämpfte, wollte damit die Sonderstellung und den absoluten Vorrang seiner Konfession gegenüber anderen Religionen und Weltanschauungen betonen.
Christoph Moufang wurde am 17. Februar 1817 in Mainz geboren. Seine Verbindungen mit dem Gymnasium in Bensheim entstanden durch seinen Beruf.
Als Pfarrer nach Bensheim
Nachdem er ab 1834 in Bonn zunächst Medizin studiert hatte, wechselte er schon nach wenigen Semestern zur katholischen Theologie. Nach Abschluss seines Studiums in Bonn, München und Gießen wurde er am 19. Dezember 1839 in Mainz zum Priester geweiht. Als solcher war er zunächst in Seligenstadt tätig, wurde dann aber am 20. Dezember 1843 mit der Verwaltung „der großen und auch wegen ihrer reichen kirchlichen Fonds beschwerlichen Pfarrei Bensheim an der Bergstraße“ betraut. In dieser Funktion unterrichtete er dann auch am Bensheimer Gymnasium. Allerdings wurde Moufang schon nach zwei Jahren an das Mainzer Gymnasium versetzt.
Gründer der ersten katholischen Partei
Nach einigen Jahren übernahm Moufang weitere wichtige Aufgaben. So wurde er am 24. April 1851 vom neu ernannten Mainzer Bischof von Ketteler als Leiter, des Priesterseminars eingesetzt. Außerdem ernannte ihn der Bischof zum Geistlichen Rat und Mitglied des bischöflichen Ordinariats. Im Sommer 1862 gründete Moufang als Gegengewicht zur demokratischen Fortschrittspartei die „Großdeutsche Partei“, die erste klerikal-katholische Partei in Deutschland und eine Vorläuferin der Zentrumspartei. Seit 1862 vertrat er die katholische Kirche in der Ersten Kammer in Darmstadt. Sein Wirken dort beschrieb ein anonymer Beobachter 1867 so: „Dieser, der Vertreter des Bischofs, ist der schon öfter erwähnte Domkapitular Christoph Moufang, ein Heißsporn, voll Geist und Kenntnissen. Er ist der Rufer im Streit, der katholische Achilles, unstreitig der beste Redner der Ersten Kammer, wenn auch oft weit über das Ziel hinausschießend, wortschwallreich – aber stets pointiert, in seiner Sprache siegsgewiß. Noch jüngst, bei dem Jubiläum des Bischofs von Strasburg, trug unter 23 anwesenden Würdenträgern der deutsche Festredner, Moufang, die Krone der Beredsamkeit davon. Er ist ein gefährlicher Gegner.“
Für die Zentrumspartei im Reichstag
1868/69 nahm Moufang am „Ersten Vatikanischen Konzil“ in Rom teil, auf dem die Unfehlbarkeit des Papstes als Dogma beschlossen wurde. Im März 1871 wurde er als Vertreter der Zentrumspartei zum Reichstagsabgeordneten gewählt. Als am 13. Juli 1877 Bischof von Ketteler starb, übernahm Moufang als „Capitelsvicar“ die provisorische Leitung des Bistums Mainz, wurde aber kurze Zeit später vom Großherzog abgesetzt, weil er sich weigerte, bei der Durchführung der Kirchengesetze mitzuwirken. Moufang starb am 27. Februar 1890.
Christoph Moufang gilt neben Bischof von Ketteler als einer der profiliertesten hessischen Vertreter des „Kulturkampfes“. Dabei wurde einerseits auf Veranlassung Bismarcks zwar die katholische Kirche unterdrückt. Andererseits aber versuchte die katholische Kirche in dieser Zeit, ihr im Laufe des 19. Jahrhunderts verlorenes Terrain zurückzugewinnen. Sie kämpfte deswegen an allen Fronten – eben gegen Liberalismus, Aufklärung, freireligiöse Tendenzen und die Arbeiterbewegung.
Kämpfer für katholischen Einfluss am Gymnasium
In diesem Zusammenhang untersuchte Moufang im Auftrag des Mainzer Bischofs von Ketteler im Winter 1853/54, wie stark das Bensheimer Gymnasium von den revolutionären Ereignissen der Jahre 1848 und 1849 erfasst worden war. Den Anlass dafür bildete ein Skandal. Der katholische Geistliche und Benefiziat am Gymnasium, Franz Blümmer, war in den Jahren nach 1848 von der Kirche abgefallen und schließlich zum Protestantismus übergetreten. Blümmer hatte schon im Juni 1853 das Gymnasium verlassen, womit der Skandal aber noch nicht beendet war. In Mainz vermutete man, dass hinter Blümmer andere Kräfte gewirkt hatten. Um diese ausfindig zu machen, wurde Ende 1853 eine Untersuchungskommission gebildet, an deren Spitze Moufang stand. In dieser Funktion befragte er alle aus Bensheim stammenden Mitglieder des Priesterseminars. Das waren nicht wenige, denn auch im 19. Jahrhundert beschloss ein Großteil der Bensheimer Abiturienten, Priester zu werden.
Moufang stellte 1854 in seinem Abschlussbericht an den Bischof fest, dass „der Zustand des Gymnasiums in religiöser wie in sittlicher Hinsicht ein höchst trauriger und beklagenswerter sei“. Dabei machte er übrigens den Geschichtsunterricht als eine der Quellen des Übels aus. Dem Geschichtslehrer wird vorgehalten, er halte seinen Unterricht „in einem der Kirche feindseligen Geiste“. Er zeige sich als „ein Freund, wie es scheint, aller Opposition und nehme regelmäßig die Personen, welche sich gegen kirchliche und staatliche Ordnung aufgelehnt haben, gegen die Autorität in Schutz“. Er trage „im kirchenfeindlichen Geiste die Reformationsgeschichte (…) vor – und in welchem Tone dieß geschieht, dafür mag dies Eine genügen, daß er bei der Geschichte des allgemeinen Concils von Trient bemerkte: der Papst habe den heiligen Geist im Felleisen den versammelten Bischöfen zugeschickt.“
Christoph Moufang schlug am Ende dem Mainzer Bischof vor, das Gymnasium häufiger, vor allem beim Abitur, zu visitieren. Die Katholische Kirche sollte und wollte die verlorene Kontrolle über das schon lange Großherzogliche Gymnasium zurückgewinnen.
Entsprechend wurde Bischof Ketteler bei der Regierung in Darmstadt vorstellig. Dort war man allerdings nicht gewillt, das Bensheimer Gymnasium aus seiner staatlichen Aufsicht zu entlassen.
(Matthias Gröbel)