AGK

Stratosphärenflug im Rahmen des WU MINT

Der Weltraum hat schon immer eine besondere Faszination auf naturwissenschaftlich interessierte Menschen ausgeübt, weshalb sich der MINT-Kurs der 10.Klasse im Schuljahr 2021/22 für ein größer angelegtes Projekt aus diesem Bereich entschieden hat.  

Nach ausgiebiger Vorbereitung war es am 16.11.2021 endlich soweit: Die Schülerinnen und Schüler des Kurses unter der Leitung von Herrn von Lehmden starteten vom Schulhof aus einen mit Helium gefüllte großen Ballon in Richtung Weltall. Verbunden war der Ballon mit einem Datenlogger zwecks Aufnahme der Flugdaten, einem GPS-Tracker zur Standortbestimmung sowie einer Kamera, die den ganzen Weg durch Bilder dokumentieren sollte. Ziel der Mission war der Transport einer Styroporsonde bis in die Stratosphäre, also bis in das zweite „Stockwerk“ der Erdatmosphäre, welches zwischen 15 und 50 Kilometer vom Erdboden entfernt ist.

 

Die Vorbereitungen zogen sich über mehrere Wochen und haben unsere Fähigkeiten und unsere Nerven ziemlich stark gefordert. Zunächst teilten wir uns in verschiedene Gruppen ein, die für einzelne Aufgabenbereiche zuständig waren:

Es gab die Fallschirmgruppe, die für Luftballon und Fallschirm zuständig war und zunächst nicht viel zu tun hatte.

Die GPS-Gruppe hatte gleich zwei Aufgabengebiete. Zum einen sollte sie sich ein Experiment überlegen, welches dort oben ablaufen sollte, zum anderen war sie mit der Aufgabe betraut, das Innenleben der Sonde zu planen und zusammenzubauen.

Die Organisationsgruppe mussten sich durch zahlreiche Dokumente kämpfen, um die erforderlichen Genehmigungen bei der Deutschen Flugsicherung und den anderen Behörden einzuholen.

 

Soweit die Planung. Denn obwohl es anfangs noch so wirkte, als wären wir gut vorbereitet, gab es zwischendurch immer wieder Situationen, in denen es nicht so lief wie geplant:

Die Fallschirm-Gruppe wusste zu Beginn nicht genau, wie sie beginnen sollte, und so kam es durchaus dazu, dass dienstags in den ersten beiden Stunden öfter mal eine Flasche oder ein Mäppchen an ersten Fallschirm-Prototypen befestigt aus dem Fenster flog und damit den ein oder anderen Lehrer erschreckte (Entschuldigung an Herr Scheffler!).

Die GPS-Gruppe hat sich während der Vorbereitung verlaufen. Obwohl der Tracker zu Testzwecken eigentlich in der Nähe des Rathauses platziert wurde, lief ein Gruppenteil durch halb Bensheim und war überrascht, dass sie den Tracker nicht lokalisieren konnten. (Glücklicherweise haben aber alle wieder zurück zur Schule gefunden!)

Ein Experiment war auch schnell gefunden: Ein mit einem Fluoreszenzfarbstoff gefülltes Reagenzglas sollte den indirekten Nachweis für die ansonsten unsichtbare, jedoch sehr energiereiche UV-Strahlung in über 20 Kilometern Höhe erbringen.

Bei der Organisations-Gruppe lief anfangs nicht alles glatt. Trotz wachsender Digitalisierung sind Behördengenehmigungen für den Flugverkehr schwerer zu bekommen als erwartet. Nach einiger Einarbeitungszeit schien aber auch die Gruppe alles unter Kontrolle zu haben.

 

An dem Tag, an dem der Ballon seine Reise starten sollte, waren alle sehr aufgeregt, denn nach wochenlangen Vorbereitungen ging es jetzt endlich los und der Druck war spürbar: Ein einziger Fehler bei den Vorbereitungen konnte das Scheitern bzw. eine Verschiebung des Starts bedeuten. Der geplante und genehmigte Start war angesetzt für 8 Uhr, wir mussten uns also sehr beeilen alles pünktlich auf den Schulhof zu bringen, um dann gemeinsam den Ballon vorsichtig mit Helium zu füllen und die Box mit GPS-Tracker, Datenlogger, Kamera und Experiment an dem Ballon zu befestigen. Mit nur geringfügiger Verspätung verabschiedeten wir uns von dem Ballon mit dem Lied Let it go aus Frozen. Die Anspannung, die uns an diesem Tag begleitet hatte, ließ nun spürbar nach und wurde von Neugier abgelöst: Wie hoch würde der Ballon fliegen, bis er platzt? Haben wir auch wirklich den Datenlogger und die Kamera beim Start eingeschaltet? Würde der Fallschirm die Fallgeschwindigkeit der Sonde beim Wiedereintritt in die Troposphäre auch wirklich stark genug abbremsen? Und natürlich: Wird es uns überhaupt gelingen, die Sonde wiederzufinden?

 

Eine halbe Stunde nach dem Start machten wir uns auf den Weg die Sonde zu bergen. Einige unserer hilfsbereiten Eltern fuhren mit uns in die Nähe von Aschaffenburg, da dort der voraussichtliche Landepunkt der Sonde sein sollte. Dort suchten wir lange, vergeblich. Leider fanden wir nichts, wollten aber auch nicht aufgeben und fuhren ein paar Umwege durch die Stadt, in der Hoffnung am Straßenrand vielleicht doch fündig zu werden – allerdings ohne Erfolg. Bis zu dem Zeitpunkt hatten wir auch kein GPS-Signal von unserer Sonde empfangen. Enttäuscht und müde fuhren wir zurück und dachten schon, wir würden den Ballon nicht mehr finden. Das änderte sich zum Glück etwa eine Stunde später: Der GPS-Tracker hatte sich wieder im Funknetz eingewählt und sendete Koordinaten! Den Informationen nach, die per SMS automatisch verschickt wurden, befand sich unsere Sonde gerade noch auf deutschem Boden etwa 20 Kilometer von der tschechischen Grenze entfernt. Herr von Lehmden rief daher spontan im nahegelegenen Gymnasium in Selb an und fand tatsächlich einen Lehrer, der sich bereit erklärte, die Sonde für uns zu bergen. Nach erfolgreicher Bergung war die Sonde am selben Abend bereits bequem per Post auf dem Weg an die Bergstraße.

 

Aufgeregt und erfreut darüber, dass die Sonde doch noch aufgetaucht war, schauten wir uns ein paar Tage später die faszinierenden Bilder aus dem Zeitraffer-Video an und stellten fest, dass der UV-Farbstoff wegen der niedrigen Temperaturen eingefroren war und damit indirekt als Höhenmesser fungiert hatte.

Es waren sehr interessante Erfahrungen, die uns gezeigt haben, wie viel Arbeit und Zeit hinter einem so großen Projekt wirklich steckt.

 

Emma Voss, Lina Kolasse und Rohma Adeel

zur Vorbereitung: Bau eines Ballons aus Malerfolie; Testflug in der Turnhalle

X